Nachruf auf Prof. Dr. Ulrich Winkler

Das Theologische Studienjahr Jerusalem trauert um Prof. Dr. Ulrich Winkler († 27.01.2021), der in den Jahren 2016 bis 2019 als Studiendekan und Inhaber des Laurentius-Klein-Lehrstuhls in Jerusalem tätig war.

Nachruf des Theologischen Studienjahres Jerusalem

Mit großer Trauer und Betroffenheit haben wir die Nachricht vom Tod Prof. Dr. Ulrich Winklers vernommen. Nach schwerer Krankheit ist er am 27. Januar im Kreise seiner Familie verstorben. Lange, und letztlich vergeblich, hatten er und viele, denen er nahestand, auf Heilung gehofft.

Von 2016-2019 war Ulrich Winkler Studiendekan des Theologischen Studienjahres und Inhaber des vom DAAD finanzierten Laurentius-Klein-Lehrstuhls. In dieser Zeit hat er zahlreiche Theologiestudierende aus dem deutschsprachigen Raum begleitet. Seine Verbundenheit mit dem Studienjahr reicht weiter zurück. 1982/83 war er selbst Student des Studienjahres. Als Dekan hat er sich für die Kontinuität des Bewährten eingesetzt. Gleichzeitig hat er das Studienjahr mit viel Engagement und hohem Einsatz weiterentwickelt. Die gegenwärtige Gestalt des Studienjahres verdankt ihm viele Impulse.

Die Einführung einer vierten großen Exkursion nach Jordanien mit archäologischem Schwerpunkt – neben der nun in den Negev verlegten Wüstenexkursion und den zwei großen Exkursionen nach Galiläa – geht auf seine Initiative zurück. In besonderer Weise lagen ihm die Muslimisch-Christlichen Werkwochen am Herzen, zu denen eine Gruppe von deutschen muslimischen Studierenden der muslimischen Theologie oder Religionswissenschaften sich den Studierenden des Studienjahres anschließt, um gemeinsam in Jerusalem zu studieren. Ulrich Winkler hat die Werkwochen im Umfang erweitert und in diesem Zusammenhang die zu einer Mittelalterexkursion umgestaltete Kreuzfahrerexkursion in die Muslimisch-Christlichen Werkwochen integriert.

An einer stärkeren Internationalisierung des Studienjahres interessiert, hat Ulrich Winkler ganz bewusst und verstärkt auch Dozierende eingeladen, die weder dem israelischen oder palästinensischen, noch dem deutschsprachigen, sondern auch dem außereuropäischen Kontext entstammten. Sein Interesse an Internationalisierung und internationalen Kontexten schlug sich auch in der Wahl der Jahresthemen der von ihm inhaltlich verantworteten Studienjahre nieder, in denen es um Peripherien und Zentren (44. Studienjahr), um Ökonomie (45. Studienjahr) und um Identität und interkulturelle Theologie (46. Studienjahr) ging. Mit der interkulturellen Theologie hat Ulrich Winkler ein Thema in das Programm des theologischen Studienjahres eingebracht, für das er auch als Theologe selbst wesentlich stand und für das ihm als Wissenschaftler im internationalen Kontext Anerkennung gezollt wurde. Die Veröffentlichung der letzten Jahrbücher zu den von ihm inhaltlich verantworteten Jahren hat er leider nicht mehr erlebt.

2017 hat Ulrich Winkler den Edith-Stein-Preis des Göttinger Edith-Stein-Kreises entgegengenommen, der dem Theologischen Studienjahr zusammen mit Studium in Israel verliehen worden war, und der Einrichtungen zugute kommt, die durch ihren grenzüberschreitenden sozialen, kulturellen oder gesellschaftlichen Einsatz überzeugen. Damit steht er auch für die Fortführung einer gelungenen Kooperation mit Studium in Israel, dem anderen in Jerusalem verorteten Programm für deutschsprachige Theologiestudierende.

Auf Ulrich Winklers Initiative geht das Österreichstipendium zurück, mit dem die Statthalterei Österreich des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem zusätzlich zu den über den DAAD finanzierten Studierenden jedes Jahr einem Studierenden aus Österreich die Teilnahme am Studienjahr ermöglicht. Zu dem in den nächsten Jahren anstehenden Umbau des Beit Josef hat Ulrich Winkler noch erste wegweisende Vorüberlegungen beitragen können. Unter seiner Ägide wurde der Beirat ins Leben gerufen, in dem neben der Vorsitzenden, einem Mitglied des Ehemaligenvereins "Forum Studienjahr", einem Vertreter der Abtei und einem Vertreter des DAAD je ein Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche und zwei Wissenschaftler unterschiedlicher Fächer und Konfession vertreten sind, die dem Dekan/der Dekanin beratend zur Seite stehen.

Ulrich Winkler hat für das theologische Studienjahr manche Weiche gestellt, wofür ihm das Studienjahr ein ehrendes Angedenken bewahren wird. In Erinnerung bleiben wird er aber auch, und nicht zuletzt dank seiner herzlichen Art und seiner steten großen persönlichen Anteilnahme an allem und an allen, die ihn umgaben. So wollen wir ihn in Erinnerung behalten und seiner gedenken. Unsere Anteilnahme gilt in besonderer Weise seiner Frau und seinen beiden Töchtern.

 

Studiendekanin

Prof. Dr. Johanna Erzberger

für das Theologische Studienjahr


Nachruf des Beirates für das Theologische Studienjahr Jerusalem

Der Tod von Ulrich Winkler erfüllt uns mit tiefer Trauer.
Wir sind in diesen schweren Tagen seiner Familie besonders verbunden und wünschen ihr von Herzen Kraft. 

Professor Dr. theol. Ulrich Winkler hatte von 2016 bis 2019 den Laurentius-Klein-Lehrstuhl für Biblische und Ökumenische Theologie in Jerusalem inne und war Dekan des Theologischen Studienjahres an der dortigen Dormitio. Er hat seine Aufgaben mit einem hohen Einsatz, mit grossem Ideenreichtum und mit Leidenschaft wahrgenommen. Das Theologische Studienjahr hat sich in seiner Zeit als Dekan überzeugend weiterentwickelt. 

 

Es prägte diese Jahre mit seiner persönlichen Liebenswürdigkeit, seiner theologischen Überzeugungskraft, seinem starken Engagement für interkulturelle und interreligiöse Dialoge und als inspirierender Begleiter und Gesprächspartner der Studierenden.

Die Mitglieder der Beirates haben mit ihm vertrauensvoll zusammengearbeitet und sein unermüdliches Engagement für das Theologische Studienjahr sehr geschätzt. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.

Bundesministerin a.D.
Annette Schavan
Vorsitzende des Beirates

 


Nachruf des Ehemaligenvereins "Forum Studienjahr"

Die Nachricht vom Tod Ulrich Winklers macht uns vom Forum Theologisches Studienjahr Jerusalem e.V. sehr traurig und betroffen.

Er war als ehemaliger Student des Theologischen Studienjahrs selbst Mitglied im Forum. Besonders wird uns indes die Zusammenarbeit mit Ulrich Winkler während seiner Zeit als Dekan in Erinnerung bleiben. Mit seinem sprudelnden Ideenreichtum und impulsiven Engagement hat er vieles in Bewegung gesetzt und uns nicht selten vor die ein oder andere Herausforderung gestellt. Mit der Anschaffung von Headsets, an der sich das Forum finanziell beteiligt hat, hat er die Qualität der zum inhaltlichen Kern des Programmes zählenden Exkursionen nachhaltig verbessert. Besonderen Eifer zeigte Ulrich Winkler für das Projekt, die Homepage des Studienjahres und die gedruckten Werbemedien von Grund auf zu erneuern. An die gemeinsame von Ulrich initiierte Sitzung in Zürich, auf der wir im Ringen um die besten Lösungen intensiv über den Entwürfen und Vorschlägen gearbeitet haben, können sich allen Beteiligten noch gut erinnern. Auch in vielen weiteren, kleinen Projekten konnten wir stets vertrauensvoll mit Ulrich Winkler zusammenarbeiten.

Abgesehen von diesen konkreten Projekten bleibt uns Ulrichs menschlicher und sehr herzlicher Umgang in Erinnerung. Er hat sich kompromisslos für die Qualität des Studienprogramms eingesetzt. Seine Studierenden lagen ihm dabei immer sehr am Herzen – sein Engagement als Dekan galt letzten Endes v.a. ihnen.

 

Die akademische Welt verliert mit dem Tod Ulrich Winklers einen respektierten und international bekannten Wissenschaftler, der sich besonders für die Verständigung über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg eingesetzt hat. Das Forum verliert ein geschätztes Mitglied, das sich auch nach seiner Zeit als Dekan engagiert hat, wenn es darum ging, wie der Ehemaligenverein den Studienbetrieb in Jerusalem optimal unterstützen und fördern kann. Die Gemeinschaft der Ehemaligen des Studienjahres Jerusalem verliert einen Freund, der sich für die Idee, für die das Studienjahr steht, mit seiner ganzen Kraft eingesetzt hat.

Als Forum werden wir dabei helfen, dass sein Werk fortgesetzt werden kann. Unsere Anteilnahme gilt besonders seiner Familie.

 

Steffen Götze

im Namen des Vorstands

 


Nachruf der Dormitio-Abtei

Ulrich Winkler war eine Ausnahmeerscheinung: ein Gelehrter und wahrhafter Gott- und Menschensucher zugleich. Selten habe ich einen Menschen mit so viel Leidenschaft und fast unerschöpflicher Energie erlebt, wenn es darum ging, sich in eine Sache einzuarbeiten, die er für essentiell erachtete – und selten habe ich einen Menschen erlebt, der sich so viele Gedanken gemacht hat, was seine Gottesbeziehung und die Beziehung zu seinen Mitmenschen betrifft. Ich kannte Ulrich ausschließlich als einen unermüdlich Ringenden und Nachdenkenden, dem nichts und vor allem niemand egal war. Er schien mir wie ein Mensch, der ohne schützenden Panzer durchs Leben ging: Dadurch war es leider leicht, ihn zu verletzen, aber dadurch war er aber auch hochsensibel für Spannungen und Fragen, die im Raum lagen. Seien es seine Vorlesungen oder Vorträge, seine Publikationen oder Notizen oder seien es die Begegnungen und Gespräche mit ihm: Alles war immer intensiv und mit viel Herzblut, niemals einfach nur lieblos erledigt. Mit ihm zu tun zu haben, bedeutete echte Begegnung.

Unserer Abtei Dormitio auf dem Jerusalemer Zionsberg und dem Theologischen Studienjahr Jerusalem war er fast vier Jahrzehnte verbunden. 1982 führte ihn sein Weg zum ersten Mal in die Heilige Stadt, und zwar als Student unseres Studienjahrs – wie auch seine spätere Frau Ute, welche als evangelische Theologiestudentin im selben Studienjahr war. Die beiden lernten sich in Jerusalem lieben und legten dort den Grundstein für ihre langjährige konfessionsverbindende Beziehung und Ehe. Als er von 2016 bis 2019 zum Dekan des Theologischen Studienjahrs berufen wurde und damit auch zugleich Inhaber des Laurentius-Klein-Lehrstuhls für Biblische und Ökumenische Theologie wurde, war dies für ihn und seine Familie ein „back to the roots“. Achtend und aufbauend auf dem Bewährten dachte er unser Programm weiter: Sein großes Ziel war es, die Studierenden des Studienjahrs möglichst vielseitig sprachfähig zu machen und sie dabei zu unterstützen, nicht nur theologisch-intellektuell zu wachsen, sondern auch spirituell-menschlich zu reifen. Und wenn er für diese Zielsetzung etwas als wichtig erachtete, so konnte er hierfür kämpfen wie ein Löwe: Genannt seien nur sein Einsatz, den Studierenden erstmals auch die Auseinandersetzung mit Dozierenden aus nicht-europäischen Ländern zu ermöglichen oder die Weitung der vormaligen Kreuzfahrerexkursion hin zu einer muslimisch-christlichen Mittelalterexkursion oder auch seine generellen, bewundernswerten Fähigkeiten als Fundraiser für unser Studienprogramm.

Ein wichtiges Charakteristikum, was all sein Arbeiten und Tun prägte, war seine Liebe zum Dialog: Sei es als Theologe, den sowohl eine „Theologie der Religionen“ als auch die Ökumenische Theologie intensiv beschäftigte, den interkulturelle Fragestellungen genauso umtrieben wie das Zueinander von Politik und Religion. Sei es aber auch im Zwischenmenschlichen: Unvergesslich wird bleiben, wie er aktiv das Gespräch mit der Nachbarschaft suchte, die unserer Abtei misstrauisch bis feindselig gegenüberstand. Überhaupt war er ein begnadeter Brückenbauer zu den verschiedensten Menschen im Heiligen Land, zu Juden, Christen und Muslimen, zu Israelis und Palästinensern. Er glaubte an den Dialog und konnte es nur schwer ertragen, wenn jemand den Dialog verweigerte. Diese klare aufrechte Haltung machte ihm nicht nur Freunde, zeugte aber von seiner menschlichen Größe und letztlich auch von seinem tiefen Glauben und Gottvertrauen, dass Versöhnung und Neuanfang immer möglich seien. Ich weiß von nicht wenigen der über 60 Studierenden, die Ulrich in seinen drei Studienjahren als Dekan begleiten durfte, dass sie nach ihrem Studienjahr genau das an Ulrich am meisten geschätzt haben. Ähnliches weiß ich auch von unserem Pater Simeon, der Ulrich in seinen drei Dekansjahren als Studienpräfekt unterstützt hat.

Als Ulrich im Sommer 2019 seine Zeit als Dekan beendet hatte, ließ unser Abt Bernhard Maria für ihn eine Replik von einem der Engel aus der Grabkammer der Grabes- und Auferstehungskirche anfertigen. Als Delegierter der Päpstlichen Hochschule Sant'Anselmo Rom und unserer Abtei durfte ich sie ihm damals als Erinnerung übergeben. Ich konnte da noch nicht wissen, dass ich ihm damals einen Begleiter für seinen beginnenden letzten Weg überreicht habe. Zum Paradies mögen Engel dich geleiten, lieber Ulrich, und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem!    

 

P. Dr. Nikodemus C. Schnabel OSB

im Namen der Mönche der Dormitio-Abtei